Holz und Relief im Spendhaus Reutlingen

Holz - Ein Werkstoff für Kunst

Die Holzbearbeitung gehört zu den ältesten Handwerkstechniken der Menschheit. Im Hinblick auf das leicht zu bearbeitende Material und das Darstellungsthema dominiert in der Geschichte der Bildhauerei die Figur, im Hochdruck wiederum ist es die ins Holz geschnittene Zeichnung sowie Wörter, in denen Bildwelten aufscheinen und Inhalte erzählt werden. Das Kunstmuseum Reutlingen zeigt im altehrwürdigen „Spendhaus“ von 1518 mit der Ausstellung „Holz. Skulptur und Relief und Arbeiten auf Papier“ ein breites Spektrum von auf Holz basierenden Arbeiten von sieben zeitgenössischen Künstlern. Kenntnisreich und charmant präsentierte Barbara Wünsche-Kehle die ganz unterschiedlichen Werkgruppen den Kunstfreundinnen und -freunden der SportKultur Stuttgart die am Ende der Tour begeistert applaudierten.

Als erstes wurden Werke eines entschiedenen Vertreters der Konkreten Kunst, von Christian Wulffen, vorgestellt. Die Konkrete Kunst wird als rationale und mathematisch begründete Kunst definiert. Unbewusstes oder gar Spirituelles lässt sich nach Vorstellung ihrer Protagonisten mit der Konkreten Kunst keinesfalls verbinden. Sie wirkt oft sperrig auf die Betrachter, zeigt aber eine ganz eigene Ästhetik in ihrem Purismus. Nichts soll sichtbar gemacht werden, sondern nur sichtbar sein, sozusagen eine Weise ohne Art. Von Wulffen werden großformatige Arbeiten gezeigt die aus MDF-Platten entstanden und frei kombinierbar im Raum angeordnet werden können und somit unterschiedlichste Perspektiven darstellen.

Aus einer Reutlinger Künstlerfamilie stammt der Holzschneider Matthias Mansen. Seine Holzschnitte entstehen aus mehreren Komponenten und werden im Handdruck vom Künstler selbst als Unikate erstellt. Durch diese außergewöhnliche Kombinatorik entfalten die Werke ihre ganz besondere bildnerische Dichte.

Eine sehr ungewöhnliche Form der Holzbearbeitung haben der Fotograf Ulrich Görlich und der Bildhauer Olaf Metzel entwickelt. Tischlerplatten werden mit einer Fotoemulsion beschichtet, dann belichtet und tragen somit ein fotografisches Abbild. Mit Fräse und Kreissäge werden die Platten bearbeitet. Die so entstehenden reliefplastischen Linien erweitern die Motive der Fotografie und bieten dem Betrachter einen besonderen visuellen Eindruck und laden zur Hinterfragung des inhaltlichen Ergebnisses ein.

Für den Aktionskünstler Felix Droese, Beuys-Schüler, hat Kunst nicht nur eine ästhetisch, gleichsam schöne Seite, sondern ist in gesellschaftliche wie politische Fragestellungen eingebunden. Gezeigt werden von Droese nicht nur einige Holzdrucke, sondern auch seine 5,40m lange bzw. hohe Hölderlinsäule „Duisburger Armutszeugnis. Geld oder Leben“ die für das Lehmbruck-Museum geschaffen wurde. Der Eichenstamm trägt Hölderlin-Zitate, die sich passend zur künstlerischen Fragestellung mit Kapital, Macht und Moral auseinandersetzen.

Als einzige Künstlerin ist Martine Andernach in der Ausstellung vertreten. Neben ihren feinen Holzschnitten, die durch eine berührende Einfachheit das Auge regelrecht schmeicheln, sind von ihr hölzerne, liegende und stehende Torsi ausgestellt. Die geometrisch stark fragmentierten Figuren erinnern unweigerlich an archaische Urgestalten und Idole, außereuropäische Kulturen sowie kubistische Skulpturen.

Mit dem zehnten Stipendiaten der HAP-Grieshaber-Stiftung, Rolf Wicker, endete der Ausstellungsrundgang. Von ihm wird das Modell einer riesigen, raumgreifenden Installation aus der Galerie des Kunstmuseums gezeigt.

Text und Foto: Norbert Klotz

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